Historische Bilder aus der Grafschaft Glatz (Schlesien)

Kreis Habelschwerdt

Glatzer Schneeberg

Überreste des Schneebergturms
Die Überreste des Schneebergturms
Foto: Marx, Juni 1977
(aus: Jürgen Schölzel "STANDHAFT und TREU. Die Chronik des Glatzer Schneebergturms", MARX Verlag, früher Leimen/Heidelberg, 1977, S. 64)

 

Die Steinschlaggefahr am alten Turm wuchs ständig; die Touristen kümmerten sich herzlich wenig um das Verbot nahezutreten. Wohl eher um Menschen vor Lebensgefahr zu schützen denn schon die Voraussetzungen für einen Turmneubau zu schaffen, sprengte 1973, am 11. Oktober, eine polnische Miliz-Einheit den Kaiser-Wilhelm-Turm nieder. Von dieser in aller Stille durchgeführten, zwar nicht Nacht-, aber doch Nebel-Aktion existiert ein Augenzeugenprotokoll, abgedruckt im "Grafschafter Boten" Januar 1974. Sein Verfasser war Jürgen Schölzel, der an jenem Tag völlig nichtsahnend den Berg wieder einmal bestiegen hatte:
"Ich sehe den Hauptturm, vielleicht 20 Meter vor mir. Links neben ihm ein Geröllhaufen: die Reste der einstigen Schutzhütte und das Steinmauerwerk des kleinen Turms, niedergesprengt, zerfetzt, zerschellt, zerstoßen ... Der nächste Sprengsatz, in der Erdgeschoß-Halle installiert, soll deren rundum schräg ansteigendes Gemäuer, den Turmfuß, aufreißen und so den massigen, dabei aber schlanken Turmschaft, den jahrzehntelange Verwahrlosung aufs schwerste gezeichnet hat, zu Fall bringen. Gerade ist er - welch merkwürdiger Anblick ohne den kleinen Bruderturm! - wolkenfrei, als die Ladung detoniert. Staub qualmt aus den Fensterhöhlen, doch sonst rührt sich nichts. Nicht einmal etwas von dem lockeren, teilweise bedrohlich klaffenden Fassadengestein löst sich ab. Ganz offensichtlich haben die Soldaten die Widerstandskraft der sorgsam gefügten, fast zwei Meter starken Mauern aus Schneeberg-Fels unterschätzt. Eine gewisse Genugtuung erfüllt mich, ebenso verständlich wie unsinnig. Denn schon raffen die Militärs neue Sprengpatronen auf - zwei große Tragtaschen voll - und machen sich hastig, unbekümmert, ohne Schutzhelme, wieder im und am Turm zu schaffen ... Ich stehe, klamm vom Nebel, geschüttelt vom Sturm, der hier oben bekanntlich lautlos waltet, auf der dürren Grasmatte des Schneeberges und warte. Den Turm sehe ich nicht. Der Brodem hat sich zu einem schwarz-grauen Dickicht geballt, es ist, als wolle Mutter Natur dieses traurige Spektakel mitleidig verhüllen.... Und da, ohne Warnsignal, im Zeitpunkt der schlechtesten Sicht die Detonation - 'Glück ab', denke ich - aber da war schon alles geschehen. Es hatte gekollert, leise, gedämpft, denn der Wind trägt alle Geräusche weg. Mechanischer Blick auf die Uhr: 14 Uhr und eine Minute... Der Turm legte sich nach Norden, Explosion und Fall schleuderten Trümmer bestimmt 80 Meter weit den Hang hinunter, am weitesten fast unversehrt, das eiserne Ausstiegshäuschen. Modergeruch überall..."

aus: Jürgen Schölzel "STANDHAFT und TREU". Die Chronik des Glatzer Schneebergturms", MARX Verlag, früher Leimen/Heidelberg, 1977, S. 63

 

 

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Erste Version vom 11.12.2001, letzte Aktualisierung am 14.12.2001.