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Aktuelle Nachrichten aus der Grafschaft Glatz

 

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„Auf dem Pilgerweg
der Hoffnung“

 
 

78. Wallfahrt
der Grafschaft Glatzer zur
Gnadenmutter von Telgte
29. und 30. August 2025

 

Eine Wallfahrt im Zelt

78. Jahreswallfahrt der Grafschaft Glatzer zur Gnadenmutter von Telgte am 29. und 30. August 2025

Die Grafschafter Wallfahrerinnen und Wallfahrer müssen flexibel sein, wurde ihnen doch in diesem Jahr schon wieder ein neues Wallfahrtsformat präsentiert. Nach der Coronazeit und der Feier des Diamantenen Priesterjubiläums von Großdechant Franz Jung im Telgter Bürgerhaus 2024, fand die diesjährige Wallfahrt überwiegend in einem Zelt statt. Schon in der Wallfahrtsankündigung wurden die Teilnehmer darauf hingewiesen, daß die St. Clemenskirche von massiven Umbaumaßnahmen betroffen sei, die sich über das ganz Jahr 2025 hinziehen. Der Telgter Propst Dr. Michael Langenfeld, der die zahlreiche Pilgerschar begrüßte, wies darauf hin, daß die umherziehenden Israeliten ihren Gott Jahwe in einem Zelt verehrt hatten, bevor unter König Salomo ein großartiger Tempel errichtet wurde.

So begann die diesjährige Wallfahrt mit einer Feierlichen Vesper in der Gnadenkapelle. Danach fanden sich die Teilnehmer im nahe gelegenen Knickenberghaus zu einem Vortrag mit historisch-theologischen Schwerpunkt ein. Prof. Dr. Michael Hirschfeld aus Vechta referierte über das Thema „Papst Pius XII. und die Vertriebenen“. Seit 2020 steht das Vatikanische Apostolische Archiv für die historische Forschung offen, um das bisher recht eindimensionale Bild von Pius XII. in Bezug auf Nationalsozialismus und Holocaust zu erweitern. Welche Rolle der Papst bei der Neuordnung nach dem Zweiten Weltkrieg gespielt habe, war bislang noch kaum erforscht worden. Der Referent gehört einer Forschergruppe an, die das Wirken von Pius XII. im Kontext von Flucht und Vertreibung untersucht hat. Auf einer Fachtagung über „Pius XII. in den multiplen Migrationen der Nachkriegszeit“ im Februar dieses Jahres wurden die Ergebnisse an der Berliner Humboldt-Universität vorgestellt. Aktenkundig belegt ist die Vielzahl finanzieller und materieller Hilfen für die deutschen Vertriebenen nach 1945. Prof. Hirschfeld wies auf die zahlreichen Eisenbahnlieferungen mit Lebensmitteln aus dem von der deutschen Ordensfrau und Vertrauten Pius XII., Schwester Pascalina Lehnert, geleiteten Privatmagazin des Vatikans hin, von denen auch die Vertriebenen aus der Grafschaft Glatz profitierten. So sei der Papst zu einer zentralen Identifikationsfigur besonders bei zahlreichen katholischen Vertriebenen geworden.

Die anschließenden Diskussionsbeiträge verdeutlichten das hohe Interesse an den neuesten Forschungsergebnissen. Der erste Wallfahrtstag klang aus mit einer Andacht in der Ersatzkirche im Pfarrzentrum, in der Pfr. Christoph Scholz in seiner Ansprache die Pilgerschar auf das Thema „Auf dem Pilgerweg der Hoffnung“ im Heiligen Jahr 2025 einstimmte, sowie dem Abendsegen vor der Gnadenkapelle.

Als die rund 300 Pilger aus der Grafschaft Glatz und ihrer Angehörigen am Sonnabend in Telgte eintrafen, bemerkten sie rund um die Wallfahrtskirche St. Clemens die große Baustelle, für die die Kirche mit einem großen Bauzaun versehen war und auf dem Kardinal-von-Galen-Platz verschiedene Baugeräte und Container aufgestellt waren. Das Wetter spielte nach feuchten Tagen mit angenehmen Temperaturen und wechselnder Bewölkung auch wieder mit. Die klassischen Trefflokale der Heimatorte gab es nicht. Man traf sich auf den Wegen und an den Ständen zum Wiedersehen und Informationsaustausch.
 

Fleischermeister Grämmel aus Detmold hatte seinen Wagen am gewohnten Platz und verkaufte wieder heiße Krakauer, Wellwurst und Knoblichwürstchen sowie schlesische Wurst.
[Bild 1]

Aber auch Vertrautes war gleich zu bemerken. Fleischermeister Grämmel aus Detmold [Bild 1] hatte seinen Wagen am gewohnten Platz und verkaufte wieder heiße Krakauer, Wellwurst und Knoblichwürstchen sowie schlesische Wurst. Weil die Erbsensuppe der Malteser zu teuer gewesen wäre, hatte Grämmel auch die beliebte Erbsensuppe mitgebracht und zum günstigen Preis ausgegeben.
 

Auch die schlesische Bäckerei Volkmann aus Bad Rothenfelde verkaufte wieder schlesischen Mooh- und Sträselkucha sowie andere heimatliche Spezialitäten.
[Bild 2]

Auch die schlesische Bäckerei Volkmann aus Bad Rothenfelde [Bild 2] verkaufte wieder schlesischen Mooh- und Sträselkucha sowie andere heimatliche Spezialitäten. Der heiße Kaffee war bald ausverkauft. Auch der Müller-Bäcker aus Schwelm hatte erstmals einen Verkaufswagen mit schlesischen Backwaren, nachdem er regelmäßig beim Schlesiertreffen in Hannover vertreten war.
 

Die Festmesse fand wie angekündigt in einem Zelt im Park auf der Planwiese statt. Den Weg dorthin über die Brücke über die Ems wiesen den Pilgern die kleinen weiß-gelben Fähnchen.
 

Der Telgter Propst Dr. Michael Langenfeld (Mi.) begrüßte Präses Dr. Marius Linnenborn (re.), Großdechant Franz Jung (li.).
[Bild 3]

Das Kirchenzelt war mit knapp 300 Wallfahrern aus der Grafschaft Glatz und ihren Angehörigen fast bis auf den letzten Platz gut besetzt. Der Telgter Propst Dr. Michael Langenfeld (Mi.) begrüßte Präses Dr. Marius Linnenborn (re.), Großdechant Franz Jung (li.) [Bild 3] und den Grafschafter Klerus sowie die Wallfahrer nach dem Einzug [Bild 4] sehr herzlich.
 

Auch die schlesische Bäckerei Volkmann aus Bad Rothenfelde verkaufte wieder schlesischen Mooh- und Sträselkucha sowie andere heimatliche Spezialitäten.
[Bild 4]

Die Wallfahrt stand unter dem Motto „Auf dem Pilgerweg der Hoffnung“. Das Wallfahrtsmotto war zum Heiligen Jahr 2025 als ein zentrales Thema des verstorbenen Papstes Franziskus gewählt worden.

In seiner Predigt ging Präses Dr. Marius Linnenborn auf die Stationen der Grafschafter Vertriebenen als Pilger der Hoffnung ein. Bei der Vertreibung war die Hoffnung groß, dass es nach Westen ginge. Sie stellten sich die Frage, kommen wir gut unter. Würde es eine Rückkehr in die Heimat geben? Quellen der Hoffnung sind die Gemeinschaft der Grafschaft Glatzer, die Charta der deutschen Heimatvertriebenen mit dem Verzicht auf Rache und Vergeltung, der Briefwechsel der polnischen katholischen Bischöfe mit den deutschen Bischöfen als einer der ersten und wichtigsten Schritte der deutsch-polnischen Aussöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg. Auch die Reisen und Wallfahrten in die Heimat, die Seligsprechung Gerhard Hirschfelders und die Wallfahrt nach Telgte sowie die zahlreichen Heimattreffen sind ein Zeichen der Hoffnung. Als pilgernde Christen hätten wir auch die Hoffnung auf eine gute Sterbestunde. Unser Leben ist ein Pilgerweg der Hoffnung – getragen von Glauben, Gemeinschaft, Versöhnung und der Begleitung Mariens, die uns zu Christus führt, dem Ziel aller Wege.
 

Die Grafschafter Priester am Altar
[Bild 5] Die Grafschafter Priester am Altar

Als Lektoren wirkten Veronika Gottelt und Dr. Georg Jäschke als Vorsitzender des Heimatwerkes Grafschaft Glatz mit. Es wurden die traditionellen Lieder aus der Schubert-Messe gesungen. Die Kollekte war für die Grafschafter Arbeit bestimmt.
 

Blick in das bis zur letzten Reihe sehr gut besetzte Kirchenzelt
[Bild 6] Blick in das bis zur letzten Reihe sehr gut besetzte Kirchenzelt

Auszug
[Bild 7]

Es folgte das Grafschafter Marienlied „Über die Berge schallt“ als Schlusslied. Nach dem Auszug [Bild 7] versammelten sich die Mitwirkenden zum Schlussbild [Bild 8] vor den Fotografen im Park auf der Planwiese.

Schlussbild
[Bild 8]

Es waren wieder viele fleißige Hände in der Küche im Einsatz.
[Bild 9]

Der Kaffee und gespendete Kuchen wurde baustellenbedingt im Pilgerhaus „Christoph-Bernsmeyer-Haus“ angeboten. Es waren wieder viele fleißige Hände in der Küche im Einsatz. [Bild 9] Dort befand sich auch der Missionsbasar für die Grafschafter Gemeinschaft und der Bücherstand des Heimatwerks, das seine Bücher und Schriften gegen Spende abgab. Hier konnte so manches seltene Buch als Schnäppchen erworben werden.
 

Der Stand des Grafschafter Boten befand sich am Randes des Kirchplatzes.
[Bild 10]

Der Stand des Grafschafter Boten [Bild 10] befand sich am Randes des Kirchplatzes auf dem direkten Weg zwischen Pilgerhaus und den Verkaufswagen mit Wurst und Kuchen [Bild 11].
 

Verkaufswagen mit Wurst und Kuchen
[Bild 11]

Der Vorsitzende der Zentralstelle, Daniel Spitzer, seine Frau Anke Maria und sein Onkel Reinhard Spitzer sowie der stellvertretende Vorsitzende Christian Drescher [Bild 12] hatten den Stand aufgebaut und boten zahlreiche Bücher, Hefte und Landkarten gegen Spende an. Es kam ein ordentliche Betrag für die Existenzsicherung des „Boten“ zusammen. Wir sagen „Vergelt’s Gott!“.
 

Der Vorsitzende der Zentralstelle, Daniel Spitzer, seine Frau Anke Maria und sein Onkel Reinhard Spitzer sowie der stellvertretende Vorsitzende Christian Drescher am Stand des Grafschafter Boten
[Bild 12]

Die feierliche Schlussandacht am Nachmittag im Kirchenzelt war auch gut besucht.
 

Pfarrer Christof Dürig aus Frechen
[Bild 13]

Pfarrer Christof Dürig aus Frechen [Bild 13] predigte unter dem Titel „Nicht Traum, sondern Verheißung für alle“ und entfaltete das biblische Bild aus Jesaja 2, in dem Völker gemeinsam friedlich zum „Berg des Herrn“ pilgern. Die Vision des Propheten Jesaja vom friedlichen Miteinander aller Völker ist keine Illusion, sondern göttliche Verheißung. Auch die Gläubigen in Telgte sind „Pilger der Hoffnung“, verbunden im Glauben und in der Erinnerung. Versöhnung und Frieden in Europa – besonders zwischen Deutschen und Polen – belegen, dass Grenzen überwunden werden können. Die Verheißung des Friedens bleibt Auftrag und Hoffnung für alle. Seine zentrale Botschaft lautete: Die Vision des Jesaja ist eine bleibende Hoffnung und Aufgabe – Frieden, Gerechtigkeit und Gemeinschaft unter allen Völkern sind keine Illusion, sondern eine göttliche Zusage, die wir im Glauben verwirklichen sollen.
 

Dankesworte von Präses Dr. Linnenborn an Großdechant Franz Jung
[Bild 14]

Nach seinen Dankesworten an Großdechant Franz Jung [Bild 14] segnete Präses Dr. Linnenborn im Schlussgebet die Pilger für den Heimweg.

Den Wortlaut der beiden Predigten des Wallfahrts-Sonnabends finden Sie auf dieser Seite weiter unten.
 

Text: Dr. Georg Jäschke und Christian Drescher
Fotos: Christian Drescher

 

 

 

Predigt von Präses Dr. Marius Linnenborn bei der Wallfahrtsmesse
am 30. August 2025 in Telgte

Auf Pilgerwegen der Hoffnung

Von verschiedenen Orten haben wir weitere oder kürzere Wege nach Telgte zurückgelegt, und diese unsere Wege kreuzen sich heute bei der Schmerzensmutter und vereinen sich zu einem großen Pilgerweg der Hoffnung. Aber wir können auch sagen: Es gibt so viele Pilgerwege der Hoffnung wie es Menschen gibt. Und diese Wege bestehen aus unterschiedlichen Wegstrecken, dunkleren, die von Sorge und Schmerz, und helleren, die von Hoffnung und Zuversicht erfüllt sind. Das gilt für die Hoffnungswege, die Menschen heute gehen, genauso wie für die Hoffnungswege in früheren Zeiten.

Mir kommen Bilder in den Sinn von Familien, die im Gaza-Streifen wieder eine neue Bleibe suchen müssen. Von den Menschen in der Ukraine, die in Schutzräumen und U-Bahnhöfen Zuflucht suchen vor den russischen Angriffen. An vielen Orten unserer Erde verlassen Menschen ihre Heimat in der Hoffnung auf ein besseres Leben in Sicherheit, Gerechtigkeit und Frieden.

Die Wege, die unsere Familien vor acht Jahrzehnten nach der Vertreibung gehen mussten, wurden, nachdem sie den ersten Schmerz des Verlustes verkraftet hatten, langsam immer mehr zu Wegen der Hoffnung: Hoffentlich werden wir nicht in den Osten transportiert, hoffentlich geht es für uns möglichst weit in den Westen. Dann die Hoffnung, Aufnahme und ein Obdach an einem sicheren Ort zu finden, auch wenn anfangs viele noch an die Rückkehr in die Heimat glaubten: Wann komm wer hääm?. Und schließlich, als sich das immer mehr als unrealistisch erwies, die Hoffnung, für die Familie eine neue Existenz aufbauen zu können, was dann auch durch Zusammenhalt, hohen persönlichen Fleiß und Einsatz gelingen konnte.

Heute tragen wir die Hoffnung im Herzen auf ein Ende von Krieg und Gewalt, auf Versöhnung und Frieden für die Welt; in unserem persönlichen Leben auf Hilfe und Stärkung in Alter und Krankheit, letztlich auf eine gute Sterbestunde und auf das Leben, das Gott uns schenken will, das immer viel größer und wunderbarer ist als wir es uns vorstellen können.

Auf unseren Pilgerwegen der Hoffnung haben uns Grafschaft Glatzern in den vergangenen Jahrzehnten verschiedene Stationen Halt und neue Kraft gegeben: die gemeinsamen Treffen und Gottesdienste, die den Zusammenhalt immer wieder neu gestärkt haben; die Charta der Heimatvertriebenen vor 75 Jahren mit ihrem Verzicht auf Rache und Vergeltung; der Briefwechsel zwischen den polnischen und den deutschen Bischöfen am Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils vor 60 Jahren, in dem sie einander versicherten: Wir vergeben und wir bitten um Vergebung; die Wallfahrten in die Heimat seit der Öffnung der Grenzen Anfang der 90er Jahre; die Seligsprechung unseres Kaplans Gerhard Hirschfelder in Münster vor 15 Jahren, und natürlich immer wieder Telgte, nun schon zum 78. Mal.

Was ist es, das uns dabei Hoffnung gibt? Natürlich die Begegnung, das Wiedersehen; das Singen der Lieder, die von Kindheit an in uns eingesenkt sind; die Erfahrung von Versöhnung mit den Menschen, die heute in der Heimat leben, wofür sich unser Großdechant unermüdlich eingesetzt hat. Schließlich hier in Telgte der Blick auf die Schmerzensmutter, die uns Christus zeigt als Zeichen des Trostes und der Hoffnung; und damit die tiefe Gewissheit, dass auch wir Christus in uns tragen, der unser Heil und unser Leben ist.

Maria ist die große Pilgerin der Hoffnung, als sie selbst auf dem Weg zu ihrer Verwandten Elisabeth „guter Hoffnung ist“ und Christus in sich trägt (vgl. Evangelium Lk 1, 39–56). Als Pilgerin der Hoffnung geht sie all unsere Hoffnungswege mit und lässt uns nicht allein. So können auch wir einstimmen in ihren großen Lobgesang: Meine Seele preist die Größe des Herrn. Denn Gott tut Großes an uns! Nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch heute und morgen. Darauf dürfen wir fest vertrauen, denn er ist auf allen unseren Pilgerwegen der Hoffnung mit uns und führt uns hin zum Ziel, das er selbst ist.

 

Predigt von Pfarrer Christof Dürig (Frechen) bei der Andacht
am 30. August 2025 in Telgte

Nicht Traum, sondern Verheißung für alle

Viele Völker gehen / und sagen: Auf, wir ziehen hinauf zum Berg des HERRN / und zum Haus des Gottes Jakobs. Haus Jakob, auf, / wir wollen gehen im Licht des HERRN. (Jes 2,3a.5)

Es ist eine Vision, eine prophetische Verheißung, ein Traum: Menschen aus allen Nationen pilgern zu einem Ort, nach Jerusalem / zum Berg Zion, viele Völker machen sich gemeinsam auf den Weg – friedlich. Sie halten sich an die Weisungen Gottes, heute würden wir sagen: sie sind für die Menschenwürde und die Menschenrechte. Aus allen Himmelrichtungen kommen sie - aus Nord und Süd, aus Ost und West. Ein tolles Bild, das durchaus Gänsehautgefühle wecken kann.

Für mich kommt da der Weltjugendtag in Köln in den Sinn, der vor 20 Jahren stattgefunden hat, bei uns auf dem Marienfeld zwischen Kerpen und Frechen buchstäblich vor der Haustür. Gestern haben wir mit dem Berliner Erzbischof Dr. Heiner Koch, dem damaligen Generalsekretär, eine Messe auf dem Papsthügel gefeiert. Zahlreiche Erinnerungen wurden lebendig: Es war Wirklichkeit, nicht nur ein Traum! Es war einfach faszinierend, dass über eine Million Menschen aus allen Ländern der Erde durch unsere Straßen zogen, fröhlich singend und winkend, mit ihren Fahnen und Transparenten. Und keine Blume in den Vorgärten wurde zertreten, wie manche sehr skeptisch im Vorfeld bange befürchtet hatten.

Ja, eine Völkerwallfahrt ist möglich für Menschen guten Willens. Es sind „Pilger der Hoffnung“, wie 2025 als Heiliges Jahr von Papst Franziskus ausgerufen wurde und nun von Papst Leo fortgesetzt wird.

Pilger der Hoffnung sind auch wir hier und heute in Telgte. Die Gemeinschaft von Menschen, die im Namen des Herrn zusammenkommt, dürfen auch wir – in kleinerer Zahl – erleben. Dabei schließen wir Unzählige ein, mit denen wir im Gedenken und im Glauben verbunden sind; Tausende, die vor uns und mit uns hierhergekommen sind. Meine verstorbenen Eltern und meine Tante Angela gehören dazu. Sie hatten sich immer gefreut nach Telgte (und Werl) zu pilgern, zu beten, vor allem auch Verwandte und Bekannte aus „der alten Heimat“ zutreffen und innerlich ergriffen, die vertrauten (Marien-) Lieder zu singen. Sie haben teilgenommen, solange sie konnten und dabei – fern der geliebten Grafschaft – Stärkung in der Gemeinschaft erlebt.

Pilger der Hoffnung. Da kommt die Erinnerung, die Sehnsucht an das schöne Glatzer Land mit Maria Schnee oberhalb von Wölfelsdorf, wo die beiden Gauglitz-Mädchen (also meine Mutter und Tante) geboren wurden und aufgewachsen sind. Auch ich erinnere mich an den Gang auf den Spitzigen Berg 1993 während der Wallfahrt mit dem Großdechanten und wobei ich zum ersten Mal schlesische Erde betreten habe. Davor – im Kalten Krieg – in dem ich Kindheit und Jugend verbracht habe, war das alles so weit weg, schier unerreichbar! Und nun war ich dort, wo meine Familienwurzeln liegen und letztlich auch der Glaube gewachsen ist, den meine Eltern mir weitergeben haben.

Liebe Schwestern und Brüder, die Vision des Propheten Jesaja war sicher auch für ihn Jahrhunderte vor Christus weit weg, völlig unrealistisch. Aber Jesaja hat daran geglaubt – und diese Botschaft für alle Tage für Juden und Christen, für uns und auch zukünftige Generationen, in der Bibel hinterlassen! Welch großartiger Text – und dennoch so weit weg von heutiger Realität!

Vieles ist im christlichen Geist entstanden und gewachsen, die deutsche-französische Freundschaft, die Charta der Heimatvertrieben 1950, das Schreiben der polnischen Bischöfe an die deutschen Amtsbrüder 1965, der Zusammenbruch des Kommunismus, der Fall der Mauer und des Eisernen Vorhangs mitverursacht durch das Wirken von Papst Johannes Paul II. Es ist etwas entstanden, was bis ins Jahr 1989 für die allermeisten undenkbar und völlig illusorisch war. Völker haben zueinander gefunden, Grenzen wurden überwunden, Brücken wurden gebaut zwischen Menschen und Völkern. Auch zwischen Deutschen und Polen! So viel Freundschaft ist entstanden, durch die vielen, die sich – wie der Großdechant - unermüdlich mit vielen kleinen Schritten in christlichem und humanistischem Geist für Verständigung und ein Miteinander eingesetzt haben. Grenzen verlieren ihre trennende Bedeutung und werden zu verbindenden Brücken. Das vereinte Europa ist entstanden. Eine Errungenschaft, ein Geschenk für unseren Kontinent, für die Welt! Unmögliches wurde Wirklichkeit! Das dürfen wir heute und in Zukunft nicht vergessen. Und daran glauben, beten und mitwirken, dass Ähnliches wieder geschieht!

Ich kenne viele Menschen in meinen Pfarrgemeinden, die heute Schlesien als ihre Heimat haben, die bei uns leben, ganz selbstverständlich dorthin fahren, Familie und Freunde besuchen und selbstverständlich auch polnisch sprechen… Neue Generationen. Alte und neue Heimat. Das gibt so vieles, was selbstverständlich geworden ist.

In den vergangenen Jahrzehnten sind Millionen Frauen und Männer, Jugendliche und Kinder nach Deutschland gekommen, die dasselbe Schicksal von Flucht und Vertreibung haben wie viele von ihnen – nur mit dem Unterschied, dass sie aus anderen Ländern und Kulturen kommen, oft auch mit einer anderen Religion. Bei allen Problemen, die andere Sprachen, Sitten und Gewohnheiten mit sich bringen und eine bleibende Herausforderung sind, sind die meisten Menschen eine Bereicherung für unser Land und ohne sie – die Menschen mit Migrationshintergrund (wie man heute sagt) – würde vieles zusammenbrechen.

Alle sind wir Menschen – im biblischen, jüdisch-christlichen Verständnis Ebenbilder Gottes, denen dieselbe Würde zukommt, die wir mit allen Menschen guten Willens schützen müssen! Oder wie es die vor kurzem mit 103 Jahren verstorbene Holocaustüberlebende Margot Friedländer aus tiefster Überzeugung gesagt hat: „Seid Menschen! Es gibt kein jüdisches, kein muslimisches, kein christliches Blut, sondern nur menschliches Blut.“

Deshalb ist es umso erschreckender, dass heute Nationalisten in vielen Ländern dieses wertvolle Gut in Frage stellen und letztlich zerstören wollen, sei es die PIS in Polen, Victor Orban in Ungarn, Le Pen in Frankreich, die AfD in Deutschland, der unberechenbare Großschwätzer und Egomane im Weißen Haus und manche andere!

Es ist kein Traum, sondern eine Verheißung für alle, die sich darauf einlassen:
„Am Ende der Tage – und das kann auch heute sein! - wird es geschehen: Der Berg des Hauses des HERRN / steht fest gegründet als höchster der Berge; er überragt alle Hügel. / Zu ihm strömen alle Nationen. Viele Völker gehen / und sagen: Auf, wir ziehen hinauf zum Berg des HERRN / und zum Haus des Gottes Jakobs. Er unterweise uns in seinen Wegen, / auf seinen Pfaden wollen wir gehen. Denn vom Zion zieht Weisung aus / und das Wort des HERRN von Jerusalem“ (Jes 2,1–3).

 


 

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„Auf dem Pilgerweg
der Hoffnung“

 
 

78. Wallfahrt
der Grafschaft Glatzer zur
Gnadenmutter von Telgte
29. und 30. August 2025

 

Freitag, 29. August 2025
15.30 Uhr Feierliche Vesper in der Gnadenkapelle
16.00 Uhr „Papst Pius XII. und die Vertriebenen“
Vortrag von Prof. Dr. Michael Hirschfeld, Vechta
(im Knickenberghaus, Knickenbergplatz 7)
19.30 Uhr Andacht in der Ersatzkirche (im Pfarrzentrum)
Predigt: Pfarrer Christoph Scholz, Spelle
Anschließend Lichterprozession um die Kirche zur Gnadenkapelle,
dort Abschluss und Abendsegen
 
Samstag, 30. August 2025
10.00 Uhr Festmesse (im Zelt auf der Wiese hinter der Wallfahrtkirche,
Zugang über die Brücke über die Ems)
Predigt: Präses Dr. Marius Linnenborn, Trier
15.00 Uhr Abschlussandacht der Wallfahrt (im Zelt auf der Wiese)
 
Update: Es wird leider keine Erbsensuppe angeboten.
Im Pilgerhaus (Christoph-Bernsmeyer-Haus, am Glatzer Park) wird Kaffee und Kuchen angeboten. Dort ist auch der Bazar und Bücherstand. Der Grafschafter Bote ist auf dem Kirchplatz zu finden.
 
Liebe Landsleute und uns Verbundene,
unsere Wallfahrt nach Telgte in diesem Heiligen Jahr 2025 ist eine wichtige Station auf unserem Pilgerweg der Hoffnung.
Herzliche Einladung, 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges mit unseren Anliegen und der Bitte der Welt um Frieden zur Gnadenmutter in Telgte zu kommen!
 
Prälat Franz Jung
Großdechant
Dr. Marius Linnenborn
Präses des Heimatwerkes
Grafschaft Glatz e. V.
Dr. Georg Jäschke
Vorsitzender des Heimatwerkes
Grafschaft Glatz e. V.

 

Was uns Hoffnung gibt

Wenn wir uns bei unserer diesjährigen Wallfahrt bei der Gnadenmutter von Telgte versammeln, werden wir unsere Gottesdienste nicht in der Propsteikirche feiern können, die in diesem Jahr wegen Renovierungs- und Umbauarbeiten geschlossen ist. Im Park an der Ems wird ein großes Zelt stehen, in dem wir die Festmesse und die Abschlussandacht feiern. Das wird zwar etwas ungewohnt sein, aber es trifft alle größeren Wallfahrtsgruppen, die sich in diesem Jahr nach Telgte auf den Weg machen.
Dass diese Umstellung gerade im Heiligen Jahr 2025 erforderlich ist, lässt sich auch geistlich deuten. Der am Ostermontag verstorbene Papst Franziskus hatte dieses Jahr unter das Leitwort „Pilger der Hoffnung“ gestellt. Wer zu einem weiter entfernten Ziel als Pilger unterwegs ist und nicht unter einem festen Dach Schutz findet, setzt sich auf dem Weg den klimatischen Bedingungen des Wetters aus, auch manchen Gefahren – in früheren Jahrhunderten noch viel stärker als heute.
Alle, die die Zeit der Vertreibung vor acht Jahrzehnten miterlebt haben, können davon erzählen – vom Schmerz des Verlustes, von der Ungewissheit, wohin es geht, zugleich aber auch von der Solidarität in der Gemeinschaft der von demselben Schicksal Betroffenen.
Ein Zelt ist Symbol für das Unterwegssein. Als Christen verstehen wir unseren gesamten Lebensweg als einen „Pilgerweg der Hoffnung“. Wir werden einmal unsere feste irdische Bleibe verlassen, wenn wir zum endgültigen Ziel gerufen werden. Unser Unterwegssein ist aber von einer großen Hoffnung erfüllt. „Wir wissen: Wenn unser irdisches Zelt abgebrochen wird, dann haben wir eine Wohnung von Gott, ein nicht von Menschenhand errichtetes ewiges Haus im Himmel.“ (2 Kor 5,1)
Die Erfahrung der Gemeinschaft, die alle, die nach Telgte kommen, wieder erleben, die uns als Grafschaft Glatzer aber auch über große Entfernungen miteinander verbindet, stärkt uns auf dem Pilgerweg des Lebens. Auch wenn Sie nicht in Telgte dabei sein können, werden wir Ihre Anliegen mittragen und der Schmerzhaften Mutter anvertrauen.
So ist das Zelt, in dem wir unsere großen Gottesdienste feiern werden, gerade in diesem Heiligen Jahr ein sprechendes Zeichen dafür, dass wir auf dem Pilgerweg der Hoffnung unterwegs sind. Und den Umbau der Telgter Wallfahrtskirche können wir als Zeichen für die Veränderungen und Wandlungen verstehen, die wir in unserer Kirche erleben. Auch wenn wir die zukünftige Gestalt der Kirche kaum oder erst anfangshaft erkennen, schöpfen wir aus dem Glauben immer wieder Kraft zum Aufbrechen und neue Zuversicht. Die Freude, die wir im Zusammenhang mit der Wahl und dem Amtsbeginn von Papst Leo XIV. erlebt haben, stärkt uns auf dem Weg.
Bleiben wir miteinander verbunden als Pilger der Hoffnung!

Ihr Marius Linnenborn,
Präses des Heimatwerks Grafschaft Glatz

 

 

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© 2025 by Dipl.-Ing. Christian Drescher, Wendeburg
Erste Version vom 12.07.2025, letzte Aktualisierung am 07.10.2025.