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Aktuelle Nachrichten aus der Grafschaft Glatz

 

Ehemaliger Gedenkstein für Robert Pokorny

Seit Januar 2024 haben sich auf Facebook und per E-Mail schon mehrere polnische Heimatforscher und eine „junge polnische Historikerin“ aus dem Glatzer Land bei mir und beim Glatzer Gebirgs-Verein nach dem Gedenkstein für Robert Pokorny erkundigt, der in der Nähe der Brandbaude gestanden hat.
Daher möchte ich heute meinen aktuellen Kenntnisstand nach einer umfangreichen Recherche in verschiedenen Dokumenten und Online-Bibliotheken hier veröffentlichen:

Die Zeitschrift „Die Grafschaft Glatz“ des Glatzer Gebirgs-Vereins Nr. 11-12 von 1925 hat über die Einweihungsfeier des Pokorny-Steins am 27. September 1925 berichtet.
Darin ist beschrieben, dass sich der Gedenkstein „auf der Paßhöhe von Brand am Waldessaum, im Anblick der herrlichen Bergeswelt des Habelschwerdter Gebirges und der böhmischen Kämme (am Waldrand mit Ausblick auf das Habelschwerdter Gebirge und nach Böhmen) ... auf dem Grund und Boden der Stadt Habelschwerdt“ befunden hat. Das Denkmal stand an dem Ort, wo Robert Pokorny gestorben war.
Robert Pokorny „... war am 18. Mai 1924 ... auf froher Frühlingswanderung unvermittelt vom Tode ereilt ...“ also gestorben. Er wurde nicht ermordet, sondern starb vermutlich an einen Herzschlag.
Die Seite aus der Zeitschrift und ein Transskript finden Sie hier:

Einweihungsfeier des Pokorny-Steins
Einweihungsfeier des Pokorny-Steins
in: „Die Grafschaft Glatz“ Nr. 11-12/1925

Transskript in deutscher Sprache

Einweihungsfeier des Pokorny-Steins.
Am Sonntag, den 27. September, fand auf der Paßhöhe von Brand in würdiger, schlichter Weise die Weihe des Pokorny-Steins statt. Hier, am Waldessaum, im Anblick der herrlichen Bergeswelt des Habelschwerdter Gebirges und der böhmischen Kämme, war am 18. Mai 1924 der langjährige verdienstvolle Wegewart des G.G.-V., Zahnarzt Robert Pokorny aus Glatz, auf froher Frühlingswanderung unvermittelt vom Tode ereilt worden. Trotz der Ungunst des Wetters, trotz des grimmig-kalten Herbststurmes, der mit rauhem Ungestüm in die bunte Pracht des Herbstlaubes hineinfuhr, hatte sich mittags 12 Uhr eine stattliche Teilnehmerzahl am Denkmal versammelt, darunter die Angehörigen der Familie Pokorny, die Forstverwaltung der Stadt Habelschwerdt, auf deren Grund und Boden der Denkstein errichtet ist, sowie die Vertreter des Hauptvorstandes und der Ortsgruppen Berlin, Breslau, Brieg, Oppeln, Neisse, Mittelsteine, Glatz, Habelschwerdt, Langenau-Lichtenwalde, Ober-Erlitztal und Kressenbachthal. Der Weiheakt ward eingeleitet mit dem Absingen eines von Julius Peter gedichteten Lobliedes auf die Grafschaft Glatz: „Vom hohen Kranz der Berge eingeschlossen …“ Sodann ward von Herrn Junglehrer Seipelt aus Kaiserswalde folgender von Dr. Futter-Habelschwerdt dem Andenken Pokornys gewidmeter Vorspruch wirkungsvoll vorgetragen:
 
Was hattest Du für einen schönen Tod!
Du sankest sterbend in die Arme Deiner Berge
Und ihrer Zauberwesen: Gnomen, Fee'n und Zwerge,
All', ohne langer Krankheit Pein und Not. –
Du warst zwar nicht der Grafschaft eig'ner Sohn –
Doch einer ihrer treusten Freunde allerwege:
Du wiesest in ihr Herz den Fremden Weg' und Stege,
Und ihre Lust, die war genug Dir Lohn!
Als Du dahinsankst hier am Waldessaume,
Da galt Dein letzter Blik der Grafschaft schönen Auen.
Drum sag' der Stein den Wand'rern, die ihn schauen,
Daß deutsche Treue ist kein leerer Wahn. –
 
Hierauf sprach der Vorsitzende des Hauptvorstandes, Herr Studienrat Conrads-Glatz, packende, markige Worte zum Gedächtnisse, Pokornys. Er schilderte ihn als ganzen Mann, als aufrechten Menschen, als ehrlichen, offenen Charakter, als zielbewußten Arbeiter. Ein gütiges Geschik hat es gefügt, daß seine reichen Erfahrungen auf dem Gebiete des Bergsports der Heimat nutzbar gemacht werden konnten. Seit 1902 hat er dem Hauptvorstande, zuletzt als dessen Wegewart angehört. Unermüdlich hat er an seinem Lebenswerke gearbeitet, eine einheitliche Wegebezeichnung für alle Wandergebiete des so reich gegliederten Glatzer Berglandes geschaffen; kurz vor seinem Tode hat er es vollenden können. So wird der Name Pokorny im G. G.-V. seinen Klang nie verlieren, so soll auch der Gedächtnisstein das Andenken an den verdienstvollsten Wegewart des Vereins der Nachwelt überliefern. Dank gebührt der Stadtverwaltung Habelschwerdt für die Ueberlassung des Steinblocks und seine Aufstellung an diesem schönen Punkte der städtischen Forsten, besonderer Dank auch der Ortsgruppe Habelschwerdt für die Mühewaltung bei der Herrichtung und Aufstellung und für die Vorbereitungen der Feier. Ihrer getreuen Obhut werde nunmehr das Erinnerungsmal anvertraut. Im Namen der Familie Pokorny stattete Herr Oberstudiendirektor Seipel-Breslau den Dank für die Ehrung des Toten ab. Dieser habe seine Familie an seinem Lebenswerk teilnehmen lassen. Indem er in den Waldgebirgen der Grafschaft Glatz der gesamten naturfrohen deutschen Jugend sichere Pfade gewiesen, habe er weit über den engeren Kreis der Heimat, hinaus ein Werk vollbracht, das seiner würdig sei.
Für die Ortsgruppe Berlin legte Frau Richter-Gossing einen Kranz am Denkmal nieder und brachte dabei das von ihr dem Andenken Pokornys gewidmete tief empfundene Gedicht zum Vortrag:
 
Vom Blitz gefällt brach eines Baumes Krone
Und fiel ins Dunkel tiefer Grabesnacht,
Die Heimaterde ihrem treu'sten Sohne
Hat weit die Friedenspforten aufgemacht!
Aus vollem Schaffen sank ein reiches Leben,
Das seine ganze Kraft der Heimat gab,
Nur ihr zu nützen, war sein eifrig Streben,
In ihrem Dienste fand er auch sein Grab.
So hat wohl keiner seine Heimatlande
Zu Fuß durchwandert bis zum fernsten Nest,
Es schlangen sich um ihn rot-goldne Bande
Und hielten ihn an Glatzer Scholle fest!
Wohl ist sein Leib dem Staub zurückgegeben,
Doch bleibt sein Werk für alle Zeit besteh'n,
Sein Geist wird unter uns für immer leben,
Im G. G. V. kann er nie untergeh'n.
Und dieser Stein, der jedem Wand'rer sage,
Daß, der hier fiel, für ihn gewirkt, geschafft,
Er wird noch bis in zukunftferne Tage
Von dem erzählen, der dahingerafft.
Wir aber, die die Glatzer Rose tragen,
Ob nun daheim, ob in der Hauptstadt fern,
Wir werden alle ewig um ihn klagen!
Vom Heimathimmel fiel ein heller Stern!
 
Auch der Hauptvorstand, sowie die Ortsgruppen Glatz und Habelschwerdt schmückten den Erinnerungsstein mit herrlichen Kranzgewinden. Im Namen der Ortsgruppe Habelschwerdt übernahm sodann Herr Oberlehrer Stein das Ehrenmal in Obhut und Pflege. Seine Erhaltung werde der Ortsgruppe heilige Dankes- und Ehrenpflicht sein. Möge, so schloß der Redner, der hart an der Grenze gelegene Denkmalsplatz auf ewig deutscher Boden bleiben; möge der jetzt gelähmte starke deutsche Arm „wieder erstarken, um diese schönen Heimatgaue gegen die Ländergier des Nachbarn wirksam verteidigen zu können. Das in diesem Sinne auf die deutsche Heimat ausgebrachte Hoch fand freudigen Widerhall. Das Deutschlandlied beschloß die schlichte aber eindrucksvolle und würdige Feier.

 
Quelle: „Die Grafschaft Glatz“ Nr. 11-12/1925, S. 116

Pokorny-Stein auf der GGV-Wanderwegekarte
Der Pokorny-Stein ist auf der „Wanderwegekarte der Grafschaft Glatz“ des Glatzer Gebirgs-Vereins von 1938 eingetragen.

Auf den amtlichen Karten (Messtischblätter) ist der Gedenkstein nicht eingetragen.

Foto des Pokorny-Steins
Foto des Pokorny-Steins in „Die Grafschaft Glatz“ Nr. 11-12/1925

Foto des Pokorny-Steins
Ein anderes Foto (Quelle: polska-org.pl) zeigt das Denkmal.
Die Inschrift der Gedenktafel ist kaum lesbar:
DEM WEGEWART - ROBERT POKORNY - † 18.5.1924 - DER G.G.V.
(Sie ist auf dem obigen Bild in der Zeitschrift 11-12/1925 besser lesbar.)

Foto des Pokorny-Steins
Die Gegend um die Brandbaude und östlich davon hat sich um 1936 durch den Bau der Sudetenstraße sehr verändert. Siehe obiges Messtischblatt von 1936 mit der Projektierung.

Womöglich wurde der Stein damals durch die Bauarbeiten versetzt? Der damalige Standort war auf dem Berg-Kamm am Waldrand mit Ausblick auf das Habelschwerdter Gebirge und nach Böhmen auf dem Grund und Boden der Stadt Habelschwerdt.
Einige polnische Leute haben den Gedenkstein schon gesucht, aber nicht gefunden. Er ist vermutlich nicht erhalten geblieben.

Die Geburtsdaten von Zahnarzt Robert Pokorny sind:
Geboren am 20.05.1867 auf Schloß Kieferstädtel bei Gleiwitz [pałac w Sośnicowicach, Powiat Gliwicki]
Sein Grab befand sich auf dem Kreuzfriedhof in Glatz. Der Friedhof wurde nach 1945 in einen Park umgewandelt (heute Park Przyjaźni Wojsk Górskich; Park Młodzieży in Kłodzko).

Zusammengestellt von Christian Drescher

Nachbemerkung:
Mateusz M. hat den intensiven Kontakt zu mir plötzlich abgebrochen und mich im Messenger blockiert. Leider hatte er kein Verständnis dafür, dass ich nicht immer sofort antworten und ihm alle Informationen schicken konnte, obwohl ich ehrenamtlich tätig bin und für größere Nachforschungen und Bearbeitungen des Materials meinen heimischen PC mit Spezialsoftware benötige. Er war wohl leider zu ungeduldig, dass ich ihm von unterwegs nicht umfassend und für ihn schnell genug antworten konnte.
Mateusz M. schrieb mir zuletzt, dass er in der Nähe einen Felsblock gefunden habe, dessen Form zu der des Pokorny-Gedenksteins passen würde. Ich hatte seine Idee befürwortet, das Denkmal zu rekonstruieren.

Christian Drescher

 

 

 

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© 2025 by Dipl.-Ing. Christian Drescher, Wendeburg
Erste Version vom 25.10.2025, letzte Aktualisierung am 25.10.2025.