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Kultur und Geschichte
der Grafschaft Glatz (Schlesien)

Bodennutzung: Land- und Forstwirtschaft

Im Jahre 1938 dienten von der Gesamtfläche der Grafschaft Glatz (163.988 ha) 152.905 ha, also 93%, der Land- und Forstwirtschaft. Davon waren 45% Ackerland, 40% Forsten, 14% Wiesen und Weiden. 1% wurde für den Garten- und Obstbau, Klein- und Hausgärten genutzt. Den Zusammenhang zwischen landwirtschaftlichen Flächen und Betriebsgrößen zeigt die nachstehende Tabelle 1:

Betriebsgröße, ha

Anzahl der Betriebe, %

Flächenanteil, %

unter 10

86,4

40

10-100

13,2

48

über 100

0,4

12

Tabelle 1: Betriebsgrößen

Die Verteilung der verschiedenen Bewirtschaftungsarten in den Jahren 1925 und 1938 nach amtlichen Statistiken (siehe Literaturteil) zeigt Tabelle 2 (Flächen in ha):

Kreise Glatz und Neurode zusammen (1925) bzw. Kreis Glatz einschl. Neurode* (1938)

Jahr

Acker

Wiesen

Weideland

Forsten

Gärtnerei

insgesamt

1925

43.609

6.989

2.180

26.357

1.081

80.218

1938

38.403

9.096

1.847

29.052

1.253

73.245

Kreis Habelschwerdt

Jahr

Acker

Wiesen

Weideland

Forsten

Gärtnerei

insgesamt

1925

35.111

6.845

2.109

31.516

767

763.481

1938

31.119

8.381

1.420

31.692

642

179.651

* Der Kreis Neurode wurde 1932 dem Kreis Glatz zugeschlagen.

Die Landwirte der Grafschaft betrieben breitflächige Ackerbebauung, hauptsächlich mit Wintergetreide, Kartoffeln, Zuckerrüben, Ölfrüchten und Klee, sowie Rinder- und Schweinezucht.
Die Flußtäler zeichnen sich bis in die Höhenlagen um 400 m durch große Fruchtbarkeit aus, vor allem die Gebiete um Glatz sowie zwischen der Reinerzer Weistritz und der Steine.
In den Gebirgsdörfern in 400 bis 800 m Seehöhe gedeihen hauptsächlich Roggen, Kartoffeln, Hafer und Flachs (Lein). Die Höhenlagen über 800 m sind hingegen nur sehr bedingt für den Ackerbau geeignet. Sie verfügen aber über große Waldbestände. Die günstigen Bodenverhältnisse in Verbindung mit den reichlichen Niederschlägen garantieren eine erfreuliche Futterwüchsigkeit, Grundlage für kostengünstige Viehernährung.
Nachdem im 19. Jh. unter Führung der drei großen Herrschaften Eckersdorf (v. Magnis), Grafenort (v. Herberstein) und Mittelwalde (v. Althann) durch die Einfuhr fremder Rinderrassen eine Veredelung des Landviehs der Grafschaft erreicht worden war, führten günstige Weide- und Futterbedingungen in vergleichsweise rauher Gebirgslage und die gute Absatzmöglichkeit für Frischmilch zur erfolgreichen Züchtung des Glatzer Gebirgsviehs, das über die Grenzen der Grafschaft Glatz bekannt und begehrt war. In der Grafschaft selbst waren das Bieletal und die über 600 m gelegenen Gegenden die Hauptabnahmegebiete, während die besten Zuchtbedingungen im oberen Neißetal zwischen Bobischau und Grafenort in Höhenlagen zwischen 350 und 600 m gegeben waren.
Im Rinderbestand lag die Grafschaft an der Spitze nicht nur der schlesischen Kreise, sondern im Reich, während Pferde-, Schweine- und Schafzucht Nachholbedarf zeigten (Tabelle 3).

 

Reich

Schlesien

Grafschaft

Pferde

7,4

6,9

5,3

Rinder

33,6

32,8

46,9

Schweine

29,8

20,4

15,2

Schafe

17,2

8,6

5,7

Tabelle 3: Tiere pro 100 Einwohner (Jahr 1900)

Die Viehstatistik vom Dezember 1900 weist für den Kreis Glatz 27.213, den Kreis Neurode 18.274 und für den Kreis Habelschwerdt 34.655 Rinder aus. Die Schafzucht war wegen gesunkener Wollpreise stark zurückgegangen. Hingegen hatte die Ziegenzucht einen hohen Stand. Sie lieferte gesunde Kindermilch und ermöglichte die jährliche Ausfuhr von über 4.000 Ziegenfellen, die bei der Handschuhherstellung begehrt waren. Ziegenmolke war ein bewährtes Kurmittel in den Heilbädern der Grafschaft.
Besondere landwirtschaftliche Fortschritte erzielte in der ersten Hälfte des 19. Jh. Graf Anton Alexander van Magnis auf seinen Gütern. Durch Einführung moderner Wirtschaftsmethoden aus der Schweiz und Einsatz neuartiger Maschinen erzielte er beträchtliche Ertragssteigerungen. Seine Schafzucht wurde durch die erste Merinoherde Schlesiens berühmt: ihre Wolle erzielte weit überdurchschnittliche Preise. Auch in der Herstellung von Rübenzucker war er Pionier: 1801 war in Kuhnern im Kreis Wohlau in Schlesien die erste Rübenzuckerfabrik der Welt entstanden. Sie produzierte als Lehrfabrik nur kleine Mengen. Graf Magnis errichtete in Eckersdorf eine Fabrikationsanlage, die sein Sohn Anton 1835 zur ersten auf Großbetrieb eingestellten Zuckerfabrik Deutschlands erweiterte.
Die reichen Waldbestände der Grafschaft Glatz finden wir vor allem auf den vier Höhenzügen der Randgebirge. Aber auch im Kessel und in den Tälern sind zahlreiche Waldungen unterschiedlicher Ausdehnung festzustellen. Fichte, Tanne, Weißtanne, Lärche und Kiefer sind in reiner Nadelholzkultur, aber auch in Mischkultur mit Eiche, Rotbuche, Esche, Bergahorn und Birke anzutreffen.
Die Staatsforsten Nesselgrund, Reinerz und Karlsberg umfaßten 12.000 ha mit einem Jahreseinschlag von 44.800 fm Holz, Gemeindeforsten 5.700 ha, davon 2.000 ha im Besitz der Stadt Habelschwerdt. Die privaten Waldungen der Forstämter Schnallenstein und Seitenberg mit 12.800 ha und 62.400 fm Jahreseinschlag gehörten der Herrschaft Kamenz. Weitere große Privatbesitzungen hatten Graf von Magnis, Eckersdorf, mit 6.000 ha und Graf von Althann, Mittelwalde, mit 3.340 ha Wirtschaftswald.
Der Holzreichtum bildete die Grundlage für die in einem anderen Abschnitt dieses Heftes beschriebene holzverarbeitende Industrie und für die Papier- und Pappindustrie. Die Glasindustrie, die in früheren Jahrhunderten eine starke Abnahme der Waldbestände verursacht hatte, war schon im 19. Jh. auf Kohlefeuerung übergegangen.

Helmut Höcker

 

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