Schlesien |
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Grafschaft Glatz |
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Wappen der Kreise Glatz und Habelschwerdt (1939)
Wappen des
Kreises Glatz
(1939) |
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Wappen des
Kreises Habelschwerdt
(1939) |
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(lt. Josef Fogger in „Grafschaft Glatzer Heimatkunde“,
1955, Nr. 32 u. 33, Seiten 255, 258, 264) |
Städtewappen der Grafschaft Glatz
Wenn man sich der Eigenart der Stadtwappen bewußt werden
und ihr eigentliches Wesen verstehen will ist es notwendig, ihre Entstehung mit der
der Adelswappen zu vergleichen. Wann und wo immer ein Krieger sich der Schutzwaffe
des Schildes bediente, hat das dem Menschen innewohnende Schmuckbedürfnis auch
zur Verwendung von ornamentalen und figürlichen Bildungen auf der Fläche
des Schildes geführt, vielleicht, daß damit auch eine Verstärkung
desselben gegen feindlichen Stich und Hieb beabsichtigt war. Gewiß trug das
gewählte Gebilde in sehr vielen Fällen auch den Charakter eines Erkennungszeichens;
zu einem solchen aber wurde es eigentlich erst dann, als die Formen des Helmes aufkamen,
die das Gesicht völlig bedeckten. Um den Träger leicht kenntlich zu machen,
mußten die gewählten Bilder einfachster Natur sein, also entweder einfache
Gestalten oder Teilungen der Schildfläche in verschiedenen Farben. So erscheint
von Anfang an die Buntheit als etwas Wesentliches am Adelswappen. Seine weitere Entwicklung
und Verwendung zu anderen Zwecken geht hier nichts an, nur das sei noch angeführt,
daß das schlichte Schildbild in seinem Wesen als Erkennungszeichen dann auch
auf den adeligen Siegeln Verwendung fand. An und für sich wäre das nicht
notwendig gewesen, da ja schon die Inschrift des Siegels den Siegelinhaber kenntlich
machte. Aber das Mittelalter liebte eben überall die Verbildlichung.
Glatz |
Neurode |
Habelschwerdt |
Bad Reinerz |
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Bad Landeck |
Mittelwalde |
Hummelstadt Lewin |
Wünschelburg |
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Bad Kudowa |
Rückers |
Seitenberg |
Wilhelmsthal |
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Die Stadt ist keine physische Person, die einen Schild trägt,
wohl aber eine juristische, die als solche Urkunden vollzieht, und dann auch eines
Siegels bedarf. Aus dem eben Gesagten geht hervor, daß man sich bei Herstellung
der Siegelstempel nicht nur einer Aufschrift bedient haben wird, sondern daß
man diese an den Rand verwies und den größten Teil des Raumes mit einem
Bilde ausfüllte. Heut sagen wir: mit dem Wappen der betreffenden Stadt. Das
trifft aber ursprünglich nicht zu. Vom Wappen dürfen wir zunächst
überhaupt nicht reden, oder nur in dem Falle, wenn man an diese Stelle ein
wirklich schon vorhandenes Wappen setzte, das aber nicht das Stadtwappen ist, sondern
erst durch die Wahl und die Hineinsetzung dazu wurde oder werden konnte. In diesem
Falle befinden wir uns bei den drei Städten Glatz, Habelschwerdt und Landeck.
Wenn sie einen gekrönten doppelschwänzigen Löwen im Wappen führen,
so beruht dies darauf daß sie einst das Wappentier des Königreichs Böhmen
als Siegelbild annahmen. Als solches von Glatz finden wir ihn schon in einem Siegelabdruck
von 1305 im Breslauer Staatsarchiv.
Wir haben also hier den böhmischen Löwen zunächst nur als Siegelbild
der genannten Glatzer Städte behandelt und fügen ihm nun ein paar typische
Siegelbilder hinzu, die sich, wie überall, auch in Siegeln unseres Landes finden.
Wenn wir uns daran erinnern, daß das vor allem ins Auge fallende Hauptmerkmal
der alten Städte die Ummauerung mit ihren Tor- und Mauertürmen war, so
wird es begreiflich, daß gerade das Mauerbild für die Darstellungen im
Siegelfelde gewählt wurde, der Idee nach als Bildnis der Städte, tatsächlich
in den meisten Fällen aber nur ein verschiedenfach abgewandeltes Schema. Der
gewöhnlichste Typus ist der, den wir auch bei Wünschelburg finden:
Eine Mauer mit Tor und drei Türmen darüber. Bei dem engen Verhältnis,
in dem die Stadt und die Pfarrkirche zueinander standen, lag es ferner nahe, den
oder die Schutzheiligen der Pfarrkirche im Siegel darzustellen. So geschah es in
Reinerz, wo Petrus neben Paulus der Patron ist. Wie häufig das Abzeichen
des Heiligen für diesen selbst tritt, so finden wir in einem Siegel des 17. Jahrhunderts
(Abdruck von 1646) den Schlüssel allein. Neuere Siegel haben zu dem Heiligen
auch noch den Hahn hinzugefügt. Sogenannte redende Bilder, die direkt oder
indirekt auf den Ortsnamen hinweisen, zeigen uns die Siegel von Neurode und Mittelwalde.
In den ersteren erblicken wir einen ausgerodeten Baumstumpf Einen Wolf mitten im
Walde sehen wir bei Mittelwalde.
Wie bei den besprochenen Städten läßt sich in den überwiegenden
Fällen die Wahl der Siegelbilder erklären; es gibt aber natürlich
auch solche, wo die Ursache der Wahl uns verborgen bleibt, wie es ja meistens bei
den Wappenbildern des Adels der Fall ist. Ein solches bisher unerklärtes Siegelbild
bietet uns Lewin-Hummelstadt.
Das älteste aus der Mitte des 15. Jahrhunderts stammende Siegel zeigt vier Zinnenstreifen
übereinander und hat die Umschrift: + sigillo + civiu + de + Heroticz. Ein
jüngeres Siegel des 17. Jahrhunderts mit demselben Bilde bringt dann, wenn
auch lateinisiert, den Namen der Stadt: Sigil. minvs civitalis Leovinensis.
Bisher wurde mit Absicht nur von Siegelbildern gesprochen. Aus ihnen entstanden die
Wappen, wenn es auch Städte gibt, deren ältere Siegelbilder von denen der
gegenwärtigen Wappen verschieden sind, wie etwa in Breslau, wo jene die ganze
Gestalt Johannes des Täufers unter einer Architektur zeigen. Die Möglichkeit
der Entwicklung zu wirklichen Wappen liegt darin begründet, daß man zu
anderen Zwecken als zu Siegelstempeln Abzeichen brauchte, die den Ort symbolisieren
sollten. Das waren Anbringung dieses Abzeichens am Stadttore, am Rathause oder einem
anderen öffentlichen Gebäude, am Ratssitze in der Pfarrkirche, auf den
Schilden städtischer Söldner, auf Fahnen. Auf den Schilden wurden diese
Abzeichen durch die Anbringung schon selbst zu Wappen, aber auch in den übrigen
Fällen wählte man oft die Schildform. Schöne Beispiele von Wappenskulpturen
vom Ende des Mittelalters und aus der Renaissancezeit findet man am alten Breslauer Rathause.
In Breslau haben wir es mit einem reichen, aufstrebenden Stadtwesen zu tun, bei dem
sich das eben auch in solchen Äußerlichkeiten, wie man sie nennen mag, zeigte.
Bei kleinen Orten kann davon kaum die Rede sein, und so dürfen wir auch kaum erwarten,
daß sich in der Grafschaft überall auf diese Weise die Siegelbilder in Wappen
gewandelt haben werden. Eine Ausnahme dürfte zunächst die Hauptstadt Glatz
gebildet haben. Wir brauchen nur die mächtige Pfarrkirche mit ihrem reichen
Skulpturschmuck aus dem Mittelalter zu betrachten, um uns zu sagen, daß wohl
auch das Rathaus nicht ohne diesen gewesen sein und dabei auch das Stadtwappen an ihm
vielleicht mehr als einmal angebracht gewesen sein wird. Schon deswegen müssen
wir es annehmen, weil Glatz unter dem Einfluß von Prag stand, das unter den
Luxemburgern auch ein Hochsitz deutscher Kunst war. Von bürgerlicher Kunst,
und damit auch von Steinwappen aus jener Zeit hat sich allerdings nichts erhalten,
wenn wir nicht die Löwenschilde am Äußeren und an dem Taufstein der
Glatzer Pfarrkirche von 1517, einen Spätling, als das Stadtwappen ansprechen
wollen. Im 16. bis ins 17. Jahrhundert hinein nahmen dann auch andere Städte
der Grafschaft an dem wirtschaftlichen Aufschwung Anteil, der sich äußerlich
in der Verwendung des neuen Schmuckstiles der Renaissance in der kirchlichen wie auch
der privaten Kunst zeigt. Wie nun der Bürger an dem Gewände seiner Haustür
gern sein Wappen oder seine Hausmarke anbrachte, so tat es sicher auch die Gesamtheit
am Rathause. Erhalten hat sich allerdings nur an dem von Reinerz das Flachbild Petri
von 1584 als des Stadtpatrons und Siegelbildes. Als Stadtwappen (ohne Schildumrahmung)
ist wohl auch das merkwürdige Löwenungetüm im Giebelfelde des Portals
von 1557 an der Schwedeldorfer Straße Nr.4 anzusprechen; zwanzig Jahrejünger
ist das Stadtwappen von Habelschwerdt, wie wir gesehen haben auch der böhmische
Löwe, an dem Taufsteine der dortigen katholischen Kirche. Erwähnen wir
noch den Löwen auf dem aus dem 18. Jahrhundert stammenden Brunnen auf dem Glatzer
Niederringe, zugleich ein gutes Beispiel für die mannigfache Verwendung von
Wappenmotiven in der Vergangenheit, so dürften die älteren Denkmäler
erschöpft sein. Das letzte Jahrhundert war in dieser Beziehung eine Zeit der
Dürre, höchstens groß in der Beseitigung von Vermächtnissen
der Vorzeit. In solchen Kleinstädten wie Lewin und Mittelwalde wird allerdings
auch früher kein Anlaß und keine Möglichkeit zur Anbringung künstlerischer
Wappen gewesen sein. Damit entfiel aber die Möglichkeit der Entwicklung der
Siegelbilder zu Wappen. Daher schreibt sich auch die Unsicherheit in der Farbengebung,
die wir übrigens auch anderwärts finden. War es einmal notwendig, irgendwo
das Wappen farbig anzubringen, so pinselte irgend ein Malermeister, der den Auftrag
erhielt, nach seinem Belieben darauf zu, und das geschah z.B. in Tarnowitz, selbst
da, wo in einem Wappenbriefe auch die Farben bestimmt festgesetzt waren.
Ganz sicher sind die Wappenfarben der Städte Glatz, Habelschwerdt und Landeck,
indem der von ihnen verwandte böhmische Löwe weiß (silbern) in rotem
Felde seit altersher dargestellt wird. Die Mauer von Wünschelburg andererseits
ist rot in blau (unheraldisch), weiß in blau. Ebenso schwankend sind die Farben
bei Neurode, Reinerz und Mittelwalde. St. Petrus und der Baumstumpf werden am besten
in natürlichen Farben gegeben; in gewissem Sinne auch die Figuren von Mittelwalde;
die Bäume grün, der Wolf rot als der seiner natürlichen Farbe nächststehenden.
Seitdem sich in letzter Zeit das Vereinswesen ausgebreitet hat, werden immer gern
Fahnen auch mit dem Stadtwappen geschmückt. Vielleicht sind infolgedessen auch
in der Grafschaft Glatz farbige Darstellungen der Stadtwappen erfolgt, die von dem
eben Gesagten abweichen.
Prof. Dr. Paul Knötel
aus: „Grafschafter Land und Leute“, Glatzer Heimatbücher
Band 6, MARX Verlag, Leimen/Heidelberg, 1980, S. 5-8
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