Restauriertes Passionstheater in der Glatzer Pfarrkirche neu aufgestellt
Im August 2024 hat das gründlich restaurierte Passionstheater in der Totenkapelle der Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt in Glatz/Kłodzko einen neuen Platz gefunden; dort wurde es vom Jesuitenabt Andrzej Migacz der Öffentlichkeit vorgestellt (siehe Schlesien heute 11/2024, S. 20 und Grafschafter Bote 11/2024, S. 5). Damit ist ein kunsthistorisch wertvolles deutsches Kirchengut, das Jahrzehnte lang in der Pfarrkirche versteckt war, den Gläubigen und Besuchern wieder zugänglich gemacht worden (siehe Bild 1).
Bild 1: Passionstheater in der Totenkapelle der Pfarrkirche Glatz
Foto: Manfred Spata 2024
Dieses seltene Kunsthandwerk, ein mechanisch-bewegliches Passionstheater, umgangssprachlich auch Passionskrippe genannt, zeigt in 20 beweglichen Szenen das Leiden Christi; es hat die Gesamtmaße 131 × 157 × 51 Zentimeter; die einzelnen Szenen sind 40 × 40 Zentimeter groß. Das Glatzer Passionstheater steht in einer langen Tradition der bekannten volkstümlichen Geburtskrippen mit einer großen Vielfalt an Materialien, einem bunten Figurenschmuck und einer ausgeklügelten Mechanik. Vermutlich schuf der Neuroder Holzbildhauer Franz Rößler um 1860 die Passion; aber auch der Albendorfer Krippenbauer Josef Birke könnte es gewesen sein.[1]
Nach 1920 gelangte das Kunstobjekt ins Heimatmuseum und 1944 kriegsbedingt in den Pfarrhof in Glatz (Bild 2).
Bild 2: Passionstheater im Glatzer Heimatmuseum
Foto: Aufnahme vor 1945; Schindler 2021
Danach stand das Passionstheater Jahrzehnte lang unbeachtet in einem Seitenraum der Pfarrkirche, in dem das Kollegiatsarchiv der Glatzer Jesuiten untergebracht war. Erst ein Wasserschaden bedingte die Räumung des Archivs und des Passionstheaters. Auf Initiative von Rainer Sachs vom Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in Breslau und mit finanzieller Unterstützung der Marlis-Kressner-Stiftung in Wolfsburg gelangte die Passion an die Hochschule für Bildende Künste Dresden (HfBK; Prof. Dr. Andreas Schulze) (siehe Schlesien heute 7/2020, Nachdruck: Grafschafter Bote 12/2020, S. 7). Dort wurde sie im Rahmen der Restaurationsausbildung 2018/19 professionell konserviert und restauriert (Bild 3).
Bild 3: Vorderseite des restaurierten Passionstheaters
Foto: Kerstin Riße 2019; Schindler 2021
Hierüber hat die Studentin Roxanne Schindler in ihrer Diplomarbeit ausführlich berichtet (siehe ihren Beitrag in den AGG-Mitteilungen 20 (2021).
Nach Abschluß der Diplomarbeit kehrte das Passionstheater 2020 wieder in die Pfarrkirche Glatz zurück. Es war vom damaligen Jesuiten Robert Mól geplant, das Werk in der Kirche dauerhaft auszustellen und einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Zunächst wurde überlegt, aus Sicherheitsgründen das Passionstheater in der Jakobi-Kapelle (im südlichen Kirchenschiff zwischen Großer Sakristei und Südportal 1501 erbaut) hinter dem Eisengitter aufzustellen; davon rückte man später wieder ab. Es fehlte aber noch eine Farbauffrischung der Szenenfiguren sowie ein schützendes Holzgehäuse mit Unterbau.
Auf Anregung von Prof. Dr. Klaus Hübner (Mettmann) nahm sich Horst Ulbrich, Vorsitzender des Deutschen Freundschaftskreises (DFK) Glatz, dieser Sache in Absprache mit dem neuen Jesuitenabt Andrzej Migacz 2022 an. Der Restaurator des Glatzer Museums (Muzeum Ziemi Kłodzkiej) besorgte eine Auffrischung der Figurenfarben und fertigte in Anlehnung an das alte Gehäuse (Bild 2) ein neues stabiles Holzgehäuse mit Unterschrank; die Kosten übernahm die DFK Glatz.[2] Das Passionstheater steht nun „in Augenhöhe“ in der Pfarrkirche an der rechten Seitenwand der Totenkapelle (im 18. Jahrhundert errichtet) (Bild 1). Dieser Standort macht religionsthematisch Sinn, denn links daneben befindet sich der Kreuzigungsaltar mit Kruzifix und Putten zu beiden Seiten, darunter die Sünder im Höllenfeuer (um 1722 geschaffen). Daran schließt sich die Ölbergsvorhalle mit den schlichten lebensgroßen Steinfiguren der Gethsemaneszene an (sogenannter Ölberg neben der nördlichen Eingangshalle, 1520 erbaut).[3]
Das Passionstheater ist durch eine spezielle Beleuchtung gut einsehbar. In nächster Zeit soll noch eine zweisprachige Informationstafel angebracht werden; sogar ein mehrsprachiger Audioguide soll künftige Besucher auf die kunsthistorisch reichhaltige Ausstattung der Pfarrkirche aufmerksam machen (siehe Grafschafter Bote 5/2024, S. 11). Dem Jesuitenabt Andrzej Migacz sowie dem DFK-Vorsitzenden Horst Ulbrich gebührt ein großer Dank für die geglückte Präsentation dieses außergewöhnlichen Glatzer Passionstheaters. Alle Beteiligten wünschen, daß diese Passion von den Besuchern und Gläubigen der Pfarrkirche angenommen und gewürdigt werden möge.
[1] Klaus Hübner: Glatzer Passionskrippe, in: Grafschafter Bote 1/2021, S. 29 und 6/2021, S. 6; Roxanne Schindler: Ein mechanisches Passionstheater aus der Grafschaft Glatz, in: AGG-Mitteilungen 20 (2021), S. 73-83, hier: S. 75; siehe auch Josef Lanz: Krippen in Schlesien, Marburg 1981, S. 64, 86 und 128.
[2] Spenden für das Passionstheater sind vom DFK Glatz weiterhin erwünscht, siehe Grafschafter Bote 5/2024, S. 11!
[3] Hans Lutsch: Verzeichnis der Kunstdenkmäler der Provinz Schlesien, Band II Landkreise des Reg.-Bezirks Breslau, Breslau 1889, S. 13-15; Georg Schmitt: Die Glatzer Dekanatskirche, Leimen 1992, S. 19, 25.
Manfred Spata, Bonn
in: Grafschafter Bote Nr. 12/2024
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Glatzer Passionskrippe restauriert:
Ein einzigartiges Denkmal kehrte nach Glatz zurück.
Das in Europa einzigartige Objekt wurde im Atelier von Prof. Andreas Schulze an der Akademie der bildenden Künste in Dresden restauriert.
Die einzigartige Glatzer Passionskrippe
Dank der Beteiligung von Priester Robert Mól und anderen Menschen, die die Rettung von Glatzer Denkmälern ehrenamtlich unterstützen, hat die Dresdner Werkstatt die einzigartige Darstellung der Passion mit beweglichen Schnitzszenen kostenlos wiederhergestellt.
Professor Andreas Schulze brachte am 10. März 2020 persönlich dieses wunderbare Denkmal nach Glatz zurück.
Prof. Andreas Schulze (re.) beim Ausladen der Passienskrippe
Einen großen Verdienst hatte dabei Rainer Sachs vom deutschen Generalkonsulat in Breslau.
Prof. Andreas Schulze enthüllt die Passienskrippe.
Wie von Pater Robert Mól versprochen, wird die Passionskrippe ab Juni 2020 in der Kirche Mariä Himmelfahrt in Glatz ausgestellt, nachdem ein sicherer Ausstellungsort gefunden wurde.
Prof. Andreas Schulze begutachtet die Passionskrippe.
Alle Fotos: Kreisamt Glatz
Kreisamt Glatz (Starostwo Powiatowe w Kłodzku), www.powiat.klodzko.pl
Veröffentlicht von: Łada Ponikowska, Erscheinungsdatum: 10.03.2020
Unikatowy zabytek powrócił do Kłodzka
Unikatowy w skali Europy obiekt był pieczołowicie odnawiany w pracowni prof. Andreasa Schulze w drezdeńskiej Wyższej Szkole Sztuk Plastycznych. Dzięki zaangażowaniu proboszcza Roberta Mola oraz innych osób społecznie wspierających ratowanie kłodzkich zabytków drezdeńska pracownia bezpłatnie odrestaurowała jedyne w swoim rodzaju przedstawienie Męki Pańskiej w postaci rzeźbionych scen. Prof. Andreas Schulze 10 marca br. osobiście przywiózł wspaniały zabytek do Kłodzka. W przekazaniu teatru uczestniczył także prof. Rainer Sachs z konsulatu Niemiec we Wrocławiu. Jak zapowiada ojciec Robert Mól, teatr będzie prezentowany w kościele Wniebowzięcia NMP w Kłodzku od czerwca br., po znalezieniu dla niego bezpiecznego miejsca ekspozycji.
Starostwo Powiatowe w Kłodzku, www.powiat.klodzko.pl
Opublikował(a): Łada Ponikowska, Data publikacji: 10-03-2020
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Glatzer Passionskrippe ausgestellt
Pater Robert Mól besichtigt die Passionskrippe.
Foto: Kreisamt Glatz
Nach der Grenzöffnung am 13. Juni ist in der Glatzer Mariä-Himmelfahrt-Jesuiten-Kirche eine wahre Rarität zu sehen. Es handelt sich dabei um eine Passionskrippe aus dem 19. Jahrhundert, die nach einer gründlichen Modernisierung im März wieder in der Kirche platziert wurde. Die Krippe ist ein Schrank mit 20 beweglichen Szenen von Christi Leidensweg. Diese Art von beweglichen Krippen war in Schlesien und Mähren sehr populär. Die vergoldeten Figuren aus Pappmaché erzählen die Passionsgeschichte Jesu. Die einzelnen Szenen sind klein: jeweils circa 40 Zentimeter groß. Im Gegensatz zur berühmten beweglichen Krippe in Albendorf (Wambierzyce), die man seit dem Ende des 19. Jahrhunderts bewundern kann, war die Glatzer Krippe lange in Vergessenheit geraten. Sie wurde wiederentdeckt, als das Südschiff der Kirche teilweise einstürzte, was zu einer Rettungsaktion des verstaubten Archivs führte. Anders als die Weihnachtskrippen, wie zum Beispiel in Albendorf, waren die Passionskrippen viel seltener zu finden. Bis heute gibt es wohl zwei davon: eine in Wien, eine in Glatz. Dieses historische Kunstobjekt wurde in der Werkstatt von Prof. Andreas Schulze an der Dresdner Hochschule für Bildende Künste mit großer Pietät und sehr professionell renoviert. Da man im zum größten Teil protestantischem Sachsen zu wenig Kunstobjekte fand, die als Lehrmaterial für die Studenten dienen konnten, begann die deutsche Seite nach interessanten historischen Denkmälern in Europa zu suchen, um sie im Rahmen der Bildung restaurieren zu lassen. Dazu gehörte auch die Glatzer Passionskrippe. Die Arbeiten daran dauerten ein Jahr und wurden von deutscher Seite finanziert. Einen großen Verdienst hatte dabei Rainer Sachs vom deutschen Generalkonsulat in Breslau. Die renovierte Passionskrippe hätte zuerst im Grünen Gewölbe des Residenzschlosses in Dresden ausgestellt werden sollen. Nach dem spektakulären Juwelenraub in diesem Museum im November 2019 hat man jedoch auf eine Ausstellung dort verzichtet. (mi)
aus: Schlesien heute, Nr. 7/2020, S. 8
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