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Renate Czaplinski verstorben

In ihrem Heim „Haus Lerchenfeld“ in Reyersdorf bei Bad Landeck verstarb am 30. Oktober Renate Czaplinski, geb. Paschilke, im Alter von 89 Jahren. Der Tod dieser so bemerkenswerten, besonderen Frau hinterläßt nicht nur in ihrer Familie Schmerz und Trauer, sondern auch in ihrem großen Freundes- und Bekanntenkreis. Zugleich ist er auch „ein großer Verlust für die Kultur und Tradition der Grafschaft Glatz“, wie ein polnischer Bekannter schrieb.

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Im Innenhof des Gottwaldhofes (Winkeldorf)
im September 2023 (Foto: Michael Klar)

Renate Czaplinski wurde 1935 in Kunzendorf/Biele geboren, wuchs aber nach dem baldigen Umzug der Familie im benachbarten Heinzendorf auf. Bei der Vertreibung 1946 konnte die Familie Paschilke aufgrund polnischer Sprachkenntnisse der Eltern in der Heimat bleiben. „Eine falsche Entscheidung der Eltern“ war das, wie Renate später auch in einem Fernsehinterview im Hinblick auf die weitreichenden Folgen dieser Entscheidung bekannte.

Anfang der 1980er Jahre erwarb sie im Reyersdorfer Ortsteil Lerchenfeld direkt am Fuß des Blauen Berges ein altes, stark renovierungsbedürftiges Haus aus deutscher Zeit und restaurierte es komplett zusammen mit ihrer Tochter Karina und Schwiegersohn Edward. Nach der Wende entstand durch Erweiterung darin eine kleine Ferienpension, das „Haus Lerchenfeld“ (poln. „Dom Skowronki“). Dieses wurde fortan und bis heute das Ziel sehr vieler Grafschafter aus der Bundesrepublik, die sich in wirklich heimatlicher Atmosphäre stets herzlich willkommen und von der gastfreundlichen Familie liebevoll betreut fühlten, auch bei der Einkehr zu Tagesbesuchen während der vielen Busreisen.

In den 1990er Jahren entstand neben dem Gästehaus als Erinnerungsbeispiel eines kleinen Grafschafter Häusels das „Derhääme-Häusla“, tatkräftig unterstützt von der aus Gompersdorf stammenden Edith Jacobs mit Familie.

Ebenso machte sie sich mit der ihr eigenen starken Willenskraft und unermüdlichen Ausdauer im nahegelegenen Winkeldorf an die Rettung des von ihr damals erworbenen, aber völlig dem Verfall preisgegebenen Gottwaldhofes. Im Verlauf der letzten 25 Jahre gelang ihr mit der mustergültigen Restaurierung dieses stattlichen historischen Vierseithofes der Erhalt eines wertvollen Beispiels der bäuerlichen Kultur der Grafschaft Glatz. Der Hof ist in dieser erfreulicherweise auch lebendig genutzten Form heute wohl einzigartig im Glatzer Land.

Diese unermüdlichen Anstrengungen Renate Czaplinskis waren Ausdruck des stetigen Bemühens, ja ihres Drangs danach, „zu bewahren und zu erhalten“, wie sie immer wieder bekannte.

Für ihre großen Verdienste, Spuren in der Heimat zu hinterlassen und für die Weitergabe und Vermittlung Grafschafter Brauchtums und schlesischer Identität wurde sie u.a. auch 2012 mit dem Grafschafter Ehrenzeichen „Glatzer Rose“ geehrt, das ihr Peter Großpietsch überreichte.

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V.l.n.r.: Großdechant Franz Jung, Renata Czaplinski, Peter Großpietsch
bei der Verleihung der „Glatzer Rose“ 2012 (Foto: Grafschafter Bote 7-8/2012)

Renate Czaplinski wurde am Allerseelentag nach dem Trauergottesdienst in der Heinzendorfer Kirche auf dem Kirchhof ihres Heimatortes im Familiengrab beigesetzt. Großdechant Franz Jung würdigte in seinem während des Gottesdienstes verlesenen Schreibens die Verstorbene als „eine außergewöhnliche Frau“, deren Leben Sendung gewesen sei und wies auf ihre großen Verdienste als Christin im Brückenbau und der Verständigung zwischen Deutschen und Polen hin, zwischen früheren und heutigen Bewohnern der Grafschaft Glatz.

Liebe Renate, für all Dein großes Wirken ein tiefes „Vergelt’s Gott“! Ruhe in Gottes Frieden!

Anmerkung: Zu den hinterlassenen sichtbaren Spuren von Renate Czaplinski gehört auch ein Interview mit ihr in einem ARD-Fernsehbeitrag von 2014, in dem neben anderen auch sie selbst und ihre Familie ausführlich zu Wort kommen. Der wertvolle, lohnenswerte Bericht „Polen und seine Deutschen“ ist unter diesem Titel bei YouTube zu finden.

Text: Michael Güttler
in: Grafschafter Bote Nr. 12/2024

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Der ARD-Fernsehbeitrag „Polen und seine Deutschen“ von 2014
(Screenshot) ist bei YouTube zu finden unter:

https://www.youtube.com/watch?v=y2WQlLvAn1A

 

 

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Polnische Traueranzeige (aus Facebook: Skansen Gottwaldówka)

Übersetzung der obigen Traueranzeige:

Sie wird immer in unserer Erinnerung bleiben

Renata Czaplińska

Liebe Freunde und Bekannte, liebe Gäste, wir bedauern Ihnen mitteilen zu müssen, dass Renata Czaplińska, die Gründerin von Skansen Gottwaldówka, verstorben ist.
 
Renata liebte das Glatzer Land und verfügte über ein großes Wissen über sie, nicht nur über das Wissen, das wir in Büchern finden können, sondern auch über das Alltagsleben und die Volksbräuche, z.B. wie man einen Kuchen auf traditionelle Weise anschneidet, welche Lieder gesungen wurden, was die Mädchen am Ostermorgen taten, um ihre Schönheit zu erhalten. Sie war eine der letzten, die den Dialekt der Grafschaft Glatz noch kannte. Sie hatte den Wandel der Geschichte miterlebt und wollte den Teil davon bewahren, zu dem sie gehörte. Dies gelang ihr mit der Gründung des Freilichtmuseums Gottwaldhof. Ihre Leidenschaft war ansteckend, so dass Renata viele Menschen um sich scharte, die ihr bei der Verwirklichung ihres Traums halfen.
 
All jenen, die Teil ihres Lebens waren, danken wir von ganzem Herzen.

 

 

Der Glatzer Gebirgs-Verein (GGV) Braunschweig e.V. hat Renate Czaplinski am 17. August 2024 für ihre 25-jährige Mitgliedschaft mit dieser Urkunde geehrt. Die Verleihung erfolgte wegen ihrer Erkrankung in Abwesenheit und wurde posthum ihrer Tochter Karina übersandt.

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Urkunde für 25-jährige Mitgliedschaft im Glatzer Gebirgs-Verein

 

 

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© 2024 by Dipl.-Ing. Christian Drescher, Wendeburg
Erste Version vom 26.11.2024, letzte Aktualisierung am 14.12.2024.